Wie führe ich ein Bewerbungsgespräch?
- Büroorganisation
So wie ein Bewerber sich auf das Vorstellungsgespräch intensiv vorbereiten muss, gilt auch auf Unternehmensseite: Ohne optimale Vorbereitung geht es nicht! Der Aufwand dafür sollte nicht unterschätzt werden. Den geeignetsten Bewerber zu finden, ist keine leichte Aufgabe.
Aber eine wichtige: Fehlbesetzung kosten Unternehmen auf lange Sicht immense Summen!
In der Praxis mangelt es den Arbeitgebern meist an Struktur und Know-how für ein sorgfältig durchgeführtes Bewerbungsgespräch. Das Vorstellungsgespräch steht leider immer noch viel zu häufig unter dem Motto eines „persönlichen Kennenlernens“. Meist wird auf das Gefühl vertraut, ob der Bewerber in die bestehende Unternehmenskultur passt.
Damit wird die Kraft des Vorstellungsgesprächs nur marginal ausgenutzt. In diesem Artikel stellen wir die Grundlagen für ein Vorstellungsgespräch vor, welches Ihnen eine durchdachte Personalentscheidung ermöglicht.
Die besten 9 Tipps für das Bewerbungsgespräch
1. Wer führt das Interview?
Viele Unternehmen stellen nur einen Interviewer, der dann allein dem Bewerber gegenübersitzt. Dies spart nicht nur Kosten – es schafft auch eine privatere und entspanntere Atmosphäre für den Bewerber, als wenn er einem Ausschuss von 5 Anzugträgern gegenübersitzt.
Bestenfalls sind aber mindestens zwei Interviewer anwesend: Einer, der das Interview führt, und ein weiterer, der sich Notizen macht und nur gelegentlich das Wort übernimmt.
Die Notizen während des Interviews sind sehr viel aussagekräftiger als der nachschwebende Eindruck; dieser ist von Urteilsverzerrern geradezu durchsetzt.
Ist der vorherige Stelleninhaber noch im Unternehmen? Dann sollten Sie diesen unbedingt miteinbeziehen. Dieser kennt sich mit den Anforderungen der Stelle aus und kann wahrscheinlich am besten beurteilen, ob der Bewerber für die Position geeignet ist.
2. Der Arbeitgeber vermarktet sich ebenfalls
Die Zeiten sind vorbei, in denen die Bewerber Schlange stehend vor dem Eingang Ihres Unternehmens campierten. Trotzdem verhalten sich manche Unternehmen immer noch wie Gutsherren. Heutzutage muss sich auch das Unternehmen gut präsentieren, um hochwertige Mitarbeiter anzuziehen. Und dies reicht natürlich bis ins Vorstellungsgespräch.
Außerdem ist das Vorstellungsgespräch der erste persönliche Kontakt des neuen Mitarbeiters mit dem Unternehmen. Genau dort wird der erste Eindruck geformt. Und der bleibt! Je professioneller, herzlicher, leidenschaftlicher, sachlicher, langweiliger, reizvoller Sie sich präsentieren, desto mehr fließt davon in das spätere Arbeitsverhalten des neuen Mitarbeiters.
Zusammenfassend sollten Sie versuchen, einen möglichst positiven Eindruck auf den Bewerber zu machen. Dabei aber niemals von der Wahrheit abweichen: Die Stelle unrealistisch attraktiv darzustellen, kostet Ihr Unternehmen auf lange Sicht viel Geld! Sie haben zwar die Chance auf einen überqualifizierten Bewerber, dieser könnte aber schon kurz nach der Einstellung „Adieu!“ sagen, und dann geht es weiter mit der teuren Personalsuche.
Für das Unternehmen ist es immer sinnvoll, nicht den qualifiziertesten, sondern den passenden Bewerber einzustellen!
3. Lassen Sie den Bewerber sprechen
Das Vorstellungsgespräch dient hauptsächlich dem Informationsaustausch. Und Sie sind auf der Seite des Arbeitgebers daran interessiert, so viel wie möglich über den Bewerber zu erfahren.
Stellen Sie daher offene Fragen: Statt „Hat es Ihnen bei Ihrem letzten Arbeitsplatz gefallen?“ fragen Sie lieber: „Was hat Ihnen an Ihrem letzten Arbeitsplatz gefallen, was nicht?“ Der Bewerber wird ungezwungener und freier reden, wenn das Vorstellungsgespräch im Plauderton verläuft, statt durchgetaktet, förmlich und ernst zu sein. Die Atmosphäre macht den Unterschied!
4. Der Kompromiss zwischen persönlicher Verbindung und Eignungsdiagnostik
Das Vorstellungsgespräch ist Teil der Eignungsdiagnostik. Im wissenschaftlichen Bereich achtet man sehr auf die Objektivität von Testverfahren – das heißt, dass es keinen Unterschied machen soll, wer das Interview durchführt.
Nach dieser Idee sollte man Mimik, Gestik und Small Talk weitestgehend vermeiden. Wenn der Bewerber aber einem Robotorgesicht in die Augen schaut, wird er schnell das Weite suchen.
Hilfreich ist es auch, die Antworten des Bewerbers nicht ständig zu bewerten: Nicken Sie immer voller Enthusiasmus, wenn der Bewerber etwas Tolles gesagt hat? Dann wird er sich immer mehr von der Wahrheit entfernen – auf der Suche nach noch mehr Nicken. Durch Ihre Bewertung filtern Sie also die Wahrheit aus den Antworten des Bewerbers heraus.
5. Offenes, teilstrukturiertes oder vollstrukturiertes Interview?
Sie können das Interview auf 3 verschiedene Arten aufziehen:
- Offenes Interview: Sie haben keine Fragen vorbereitet, alles geschieht aus dem Affekt.
- Teilstrukturiertes Interview: Sie haben Fragen vorbereitet, aber lassen dennoch Raum für Spontanität.
- Vollstrukturiertes Interview: Sie lesen alles von Ihrem Blatt ab.
Das objektivste Ergebnis mit der besten Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Bewerbern erreichen Sie mit einem vollstrukturierten Interview. Aber die meisten Bewerber werden durch dieses Vorstellungsgespräch eher traumatisiert und schrecken zukünftig jedes Mal ängstlich zusammen, wenn sie den Namen Ihres Unternehmens hören.
In der Praxis wird meist offen interviewt. Das ist nett für alle, verhindert aber ein verwertbares Ergebnis.
Wenn Sie ein auf Daten beruhenden Vergleich zwischen Bewerbern ziehen wollen, sollten Sie definitiv zum teilstrukturierten Interview greifen. Sprich: Gehen Sie mit vorbereiteten Fragen in das Interview und lassen Sie sich trotzdem noch Zeit für Small Talk und Spontanität.
6. Fragen Sie nicht die falschen Fragen!
Wenn Sie die Fragen für das Interview vorbereiten, achten Sie auf Folgendes: Fragen zur Religionszugehörigkeit, Familienplanung und zu allen sonstigen persönlichen Dingen, für die Anwälte und Ärzte Schweigepflichtserklärungen unterschreiben müssen, sind tabu!
7. Wie lange dauert ein Vorstellungsgespräch?
Die Dauer des Vorstellungsgesprächs richtet sich nach der Wichtigkeit der zu besetzenden Stelle. Im Normalfall dauert ein Bewerbungsgespräch zwischen 45-60 Minuten. Für Aushilfskräfte reichen auch 30 Minuten. Wenn Sie die obere Führungsebene neu besetzen wollen, fragen Sie Ihren internen Personalberater!
8. Begegnen Sie dem Bewerber auf Augenhöhe
Das Vorstellungsgespräch ist kein Verhör, sondern, wie der Name schon sagt, ein Gespräch, und zwar zwischen zwei gleichwertigen Menschen mit gleichem Interesse.
Natürlich ist das offensichtlich – aber trotzdem so essentiell für das Gelingen des Vorstellungsgesprächs, dass es doppelt betont werden muss!
Wenn Sie dem Bewerber mit Respekt begegnen, fühlt dieser sich nicht nur wohler und erzählt mehr. Sie haben auch gleichzeitig den Grundstein für eine langfristige Beziehung zwischen dem neuen Mitarbeiter und dem Unternehmen geschaffen.
Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre, verringern Sie die Nervosität des Bewerbers und Ihre eigene. Auf einmal wird das Interview locker und entspannt. Größe beweist derjenige, der zitternde Kandidaten wieder auf die richtige Spur bringen kann – eventuell mit dem Zugeben der eigenen Nervosität.
9. Über Eck spricht es sich besser
Stellen Sie sich vor: Sie betreten den Verhörsaal, ein langer Tisch zieht sich durch den Raum. In einer Reihe sitzend gucken Ihnen vier Anzugträger grimmig entgegen. Auf der anderen Tischseite wartet ein einsamer Stuhl auf Ihre Wenigkeit. Das Gericht ist eröffnet.
Sitzen sie einander gegenüber, konfrontieren sich zwei Parteien – man bekommt das Gefühl, sich gegen den anderen durchsetzen zu müssen. Ganz anders, wenn man über Eck sitzt!
Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit Vorstellungsgesprächen in den Kommentaren mit. Haben Sie weitere Ideen für das optimale Bewerbungsgespräch?